22.12.2020

Stellungnahme: Baugebiete mit Augenmaß statt voranschreitendem Flächenverbrauch in Habichtswald

Juni 2020

Die Ausweisung von Baugebieten eröffnet einer Gemeinde die Möglichkeit von neuen Einnahmen und bedient die Nachfrage von Gewerbetreibenden und Wohnungssuchenden. Neuausweisungen sollten jedoch mit Augenmaß und in einem geordneten Zeitrahmen erfolgen und dabei einer gründlichen Kosten-Nutzen Kalkulation standhalten können.  

Ein kurzer Überblick über die derzeitige, rasante Baulandentwicklung in Habichtswald zeigt:

· Endausbau Neubaugebiet Dörnberg 2017,
· Kindergartenneubau Ehlen 2017
· Erweiterung Baugebiet Kasseler Str. für Rewe-Getränkemarkt 2017
· Endausbau Neubaugebiet Ehlen 2019
· Erweiterung Baugebiet Kasseler Str. für Drogeriemarkt Herbst 2019
· Erweiterung Kindergarten Dörnberg und Ehlen im Sommer 2019 

anstehend und bereits beschlossen:

· Gewerbegebiet 2.0
· Regenrückhaltebecken Dörnberg
· Neubaugebiet(e) Dörnberg

So bietet sich einer Gemeinde auf den ersten Blick kurzfristig die Möglichkeit zu neuen Einnahmen. Doch die damit verbundenen Verpflichtungen der Straßenunterhaltung sowie sozialer Infrastruktur überwiegen diese Einnahmen normalerweise im Langfristvergleich. Insbesondere Kindergärten, die dann aufgrund plötzlich steigender Nachfrage oft kurzfristig gebaut werden müssen (vgl. obenstehende Aufzählung) und die in der Unterhaltung viel kosten, reißen große Lücken in ein Haushaltsbudget.

Bevor wir also über Baugebiete und zusätzliche Infrastruktur entscheiden, sollten die Lebenszykluskosten (Bau, Unterhalt, Reinvestition) veranschlagt werden. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer und der Betrachtungszeitraum müssen dabei übereinstimmen. Gewolltes Bevölkerungswachstum muss an der langfristigen Auslastung und Tragfähigkeit insbesondere der sozialen Infrastruktur (Kindergärten, Schule, …) ausgerichtet werden. Außerdem muss auch davon ausgegangen werden, dass nicht alle Infrastruktureinrichtungen eine langfristige, bzw. konstante Auslastung haben werden. Hier sollten die Nachfolgenutzungen schon beim Bau neuer Einrichtungen bedacht werden und gegebenenfalls dafür erforderliche Umbaukosten in die Gesamtbetrachtung mit einkalkuliert werden. 

Ansonsten besteht die Gefahr, durch die klassische „Einfamilienhauspolitik“ in einen Kreislauf zu geraten, der die Gemeinde zu ständig neuem Flächenwachstum zwingt.  

Hier gilt ganz klar: bestehende Ressourcen nutzen, Lückenschließung in den Siedlungsbereichen, Investitionsprogramme um „alte“ Wohnhäuser auszubauen bzw. zu modernisieren und bezahlbare Mietwohnungen für z.B. junge Familien schaffen. 

Neben dem wirtschaftlichen Aspekt sollte auch die Wohnqualität berücksichtigt werden oder auch, wie wir uns als Gemeinde sehen wollen. Die meisten Menschen, die in Habichtswald wohnen, lieben die Nähe zur Natur, die kurzen Wege zu KITA, Schule, Einkaufsmöglichkeiten und auch zur Naherholung. In Habichtswald erleben Kinder noch Landwirtschaft hautnah, denn dank mehrerer Höfe die hier (noch!) existieren können, verfügen wir über ein abwechslungsreiches Landschaftsbild mit Äckern, Magerrasen bis hin zu Feuchtwiesen, Weiden mit Schafen, Kühen und Pferden. Als gliedernde Elemente und zugleich Lebensraum für diverse Arten sind die vielen Hecken, Waldsäume und Bäche wie Warme, Lubach oder Erlebach prägend. Habichtswald ist nachbarschaftsnah, hat ein aktives Vereinsleben, ein überregional beliebtes Freibad und überschaubare Kitagruppen und Schulklassen in denen man gerne nochmal Kind sein möchte. 

Wir wollen diese hohe Wohn- und Lebensqualität erhalten sehen und keinem Wettbewerbsvergleich um Einwohnerzahlen mit Nachbargemeinden erliegen. 

Und zuletzt: Wie eben schon erwähnt, liegt Habichtswald grün eingebettet in einem Naturraum, der seinesgleichen in der Region sucht. Die Menschen ziehen oft genau aus diesen Gründen hierher, ebenso wie viele Tier- und Pflanzenarten bereits seit jeher hier heimisch sind. Diese zu schützen und nicht weiter Lebensräume in Form von Acker, Grünland und Saumgesellschaften zu entwerten, sollte den Bewohnern von Habichtswald ein hohes Anliegen sein. 

Nicht zuletzt würden wir mit weiterem Flächenverbrauch unser eigenes Naturkapital schmälern, bzw. unwiederbringlich verlieren. 

Admin - 21:24 @ 2020 | Kommentar hinzufügen

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